Betet, dass der Herr den Sturm beende!

von Reimund Menninghaus, Streiflichter

Vor 70 Jahren predigte Bischof von Galen im Kloster Maria Hamicolt

Gefeiert wird das Jubiläum mit einer Messe in der Pfarrkirche Osterwick in der nächsten Woche, am Freitag, 12. August, 14 Uhr; die Messfeier zelebrieren wird Pater Andreas vom Kloster Gerleve. „Rund 40 Personen, vor allem aus meiner Verwandtschaft, sind dazu besonders eingeladen“, sagt Benediktinerschwester Irmengard, die mit ihren Mitschwestern Mechtildis, Hildegard, Felizitas und Martina im Februar 2008 vom Kloster Maria Hamicolt in Dülmen-Rorup hier nach Osterwick ins Altenheim Hl. Fabian und Sebastian umgezogen ist. „Wir hätten es nicht besser treffen können, als hierhin zu kommen“, sagt Schwester Irmengard, die am 5. August 1961 im Kloster Maria Hamicolt in Rorup ihre Ordensprofess ablegte – nur drei Tage nach dem 70-jährigen Bestehen des Benediktinerinnenklosters Maria Hamicolt.
20 Jahre zuvor, am 4. August 1941, war auch ein besonderer Tag im Kloster Hamicolt – der Besuch von Bischof Clemens August Graf von Galen anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Klosters.

1941 Sorge um Fortbestand des Klosters
„Die Ereignisse der letzten Wochen ließen uns mit Sorgen in die Zukunft schauen.“ So gab die Chronistin des Klosters Maria Hamicolt die Stimmung im Juli 1941 wieder. „Es war sehr fraglich, ob wir unser Jubiläum noch würden feiern können.“ …
Die Benediktinerinnen vom heiligsten Sakrament bereiteten sich seinerzeit auf die Feier des 50. Jahrestags der Besiedlung von Hamicolt vor. 1891 waren die ersten Schwestern aus dem niederländischen Oldenzaal in dem Kloster eingetroffen, das der Orden der Redemptoristen Jahre zuvor im Zuge des preußischen Kulturkampfs verlassen hatte.

Erneut Kulturkampf
Jetzt herrschte wieder Kulturkampf. Im Sommer 1941, bald nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, beschlagnahmte das Regime in ganz Deutschland Klöster und kirchliche Häuser – offiziell mit der Begründung, die Räumlichkeiten für Lazarette verwenden zu müssen. Allein im Münsterland wurden die Benediktiner von Gerleve, die Benediktinerinnen von Vinnenberg bei Warendorf – eine vom Kloster Hamicolt ausgegangene Gründung –, die Hiltruper Missionare sowie die Missionsklarissen und die Jesuiten in Münster aus ihren Häusern vertrieben und aus Westfalen ausgewiesen. Im Kloster in Gerleve nutzten die Nationalsozialisten das Haus Ludgerirast für die Hitlerjugend, und im leerstehenden Kloster sollten sich schwangere Frauen aus dem vom Luftkrieg betroffenen Ruhrgebiet und aus Münster auf die Intbindung ihrer Kinder vorbereiten und gebären können. Damals wurden über 800 Kinder geboren.
Der „Klostersturm“ war Auslöser für die erste der später weltberühmten Predigten, die der damalige Bischof von Münster, Clemens August von Galen, im Sommer 1941 hielt. Mit heftigen Worten geißelte Galen am 13. Juli 1941 die staatliche Willkür, die es nicht nur auf kriegswichtige Gebäude absah, sondern überhaupt den Einfluss der Ordensleute beseitigen wollte.
„Und das in diesem Augenblick, wo alles zittert und bebt vor neuen Nachtangriffen, die uns alle töten, einen jeden von uns zu einem heimatlosen Flüchtling machen können!“, hatte Galen gewettert. „Da jagt man schuldlose, ja hochverdiente, von Unzähligen hochgeachtete Männer und Frauen aus ihrem bescheidenen Besitz, macht man deutsche Volksgenossen zu heimatlosen Flüchtlingen.“
Wegen der schmalen Gänge und dem ungünstigen Zuschnitt der Räume blieb Kloster Maria Hamicolt die Umwandlung in ein Lazarett und damit die Ausweisung der Nonnen erspart.
Am 4. August 1941 feierte Clemens August von Galen um 9 Uhr in der festlich geschmückten Klosterkirche ein Pontifikalamt. Neben zahlreichen Gläubigen, die aus der Umgebung zusammengekommen waren, nahmen außer dem Rektor des Klosters auch die Pfarrer von St. Viktor sowie von Rorup, Karthaus, Darup und Lette an dem Gottesdienst teil.
„Das Thema der Predigt war die gegenwärtige Zeit“, so notierte die Chronistin des Ordens – offenbar übervorsichtig. War doch „die gegenwärtige Zeit“ aufgewühlt wie kaum zuvor.

Am 3. August dritte und letzte große Predigt
Erst am Vortag, am 3. August 1941, hatte Galen in St. Lamberti in Münster die dritte und letzte seiner großen Predigten gehalten und die bestürzte Öffentlichkeit über die systematische Tötung Behinderter in Kenntnis gesetzt.
In seiner Festpredigt in Hamicolt beschränkte sich der Bischof scheinbar darauf, nur die nationalsozialistischen Schikanen der Ordensleute zu kritisieren. „Wir werden nicht eher ruhen, als bis unsere Ordensleute in ihre Klöster zurückgekehrt sind; lasst es euch doch nicht gefallen, dass man eure lieben Schwestern aus den Häusern jagt!“
Dieses Zitat ist in den späteren Erinnerungen seines Sekretärs und Biographen Heinrich Portmann zu finden. Die spärlichen Notizen der klosterinternen Aufzeichnungen berichten, dass Galen Bezug zum Evangelium vom Sturm auf dem See nahm, als er an die Gottesdienstgemeinde appellierte: „Der Herr hat einst den Sturm auf dem Meere gestillt. Betet, dass er diesen Sturm bald beende!“

Weiteres Material auf www.wie-ein-loewe.de
Weitere Informationen zu Clemens August von Galen, zu seinem Wirken, Fotos und auch den Text der drei bekannten großen Predigten in Münster, die geheim in ganz Deutschland vervielfältigt wurden und bis an die Kriegsfront kursierten, finden sich auf der von St.-Viktor-Dülmen-Pfarrer Markus Trautmann verantworteten und von Christiane Daldrup aus Dülmen gepflegten Internetseite www.wie-ein-loewe.de, die sich als Materialsammlung des christlichen Widerstands gegen den Nationalsozialismus versteht und unter anderem auch Material zur Weißen Rose enthält.

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