Das Ehepaar Hans und Kathy Davidson hat Dülmen erneut besucht. Die Familie von Hans hat tiefe Wurzeln in der Stadt: Sein Vater und seine Großeltern lebten als Juden in Dülmen und betrieben hier eine Fleischerei. In der Zeit des Nationalsozialismus mussten sie das Geschäft aufgeben. Großvater Isidor Davidson floh mit seiner Frau Bertha und den vier bereits erwachsenen Kindern nach Zwolle in den Niederlanden. Dort starb Isidor an den Folgen eines Motorradunfalls. Bertha wurde später nach Sobibor deportiert und ermordet. Die Söhne Walter und Hermann wurden nach Auschwitz verschleppt. Nur Tochter Johanna und Sohn Dolf – der Vater von Hans – überlebten die Shoah.
Vor zwei Jahren entstand im Rahmen des Buchprojekts „Hier wohnte …“ der erste Kontakt zu Hans Davidson, der heute mit seiner Frau halbjährlich in Zwolle und Kalifornien lebt. Nun kamen sie für vier Tage erneut nach Dülmen.
Ein besonderer Programmpunkt war ein gemeinsamer Tag in Münster. Begleitet wurden Hans und Kathy Davidson von Gabriele Sondermann, Christiane Daldrup und Pfarrer Markus Trautmann sowie den Lehrerinnen Andrea Peine und Christiane Altenbokum von der Hermann-Leeser-Schule und einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern.
Zunächst stand eine Führung durch die Villa ten Hompel auf dem Programm – einem Lern- und Erinnerungsort zur Rolle der Polizei im Nationalsozialismus, geleitet von Stefan Querl. Anschließend ging es in die Innenstadt Münsters.
Am Domplatz erläuterte Pfarrer Trautmann das Leben und Wirken des seligen Kardinals Clemens August Graf von Galen anhand zweier markanter Kunstwerke:
- Das Standbild von 1978 (Wilhelm Felix Schlüter) zeigt von Galen in aufrechter Haltung mit segnender Geste – ein Symbol für seinen mutigen Widerstand gegen das NS-Regime.
- Die Kreuzigungsgruppe von Bert Gerresheim (2004) verknüpft christliches Leidensmotiv mit historisch-politischen Bezügen. Unter dem Kreuz stehen zentrale Figuren westfälischer Geschichte: Der Evangelist Johannes ist als Clemens August von Galen dargestellt, Maria Magdalena erinnert an die selige Schwester Euthymia, und Maria an die selige Anna Katharina Emmerick. Am Rande sitzt Jan van Leyden, der radikale Täuferführer, als mahnendes Symbol für religiösen Fanatismus und Gewalt. Pfarrer Trautmann zitierte hier den Philosophen Karl Popper:
„Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle.“
Da der Paulusdom wegen der laufenden Jubiläumsvorbereitungen geschlossen war, war ein Besuch am Grab des Kardinals leider nicht möglich. Im Anschluss stand noch die Besichtigung der Synagoge Münster auf dem Programm.