Timo hält Rückschau

Hektograph
Hektograph

Auch wenn es schon ein paar Jahre her ist, ich spüre noch genau die Spannung, als wir damals den Hektographen von Frau Obermayers Dachboden geholt haben. „Roto Hektograph. Zwick und Söhne. Augsburg.“ Wir alle hatten ja so eine alte Druckmaschine noch nie gesehen. Und das Einzige, was uns von diesem historischen Gerät geblieben ist, ist dieses Foto, das ich gemacht habe, kurz bevor wir den Hektographen in die zwei Meter hohe Turmvitrine wuchteten. „Unser“ Hektograph – Herzstück der Ausstellung im Städtischen Museum „Erinnerungen an das Dritte Reich“. Die Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ hatte auf dieser und anderen Maschinen ihre weltberühmten Flugblätter vervielfältigt.

Es macht mich immer noch wütend, wenn ich daran denke, dass ausgerechnet dieser Hektograph entwendet wurde. Nie wurde der Diebstahl aufgeklärt. Ja, ich hab’s ja kapiert, dass es sich nur um eine Maschine handelt, und auch nur um eine von mehreren Hektographen der Gruppe um die Geschwister Scholl. Aber war das nicht sensationell, zur Ausstellung gerade ein Objekt beisteuern zu können, auf dem buchstäblich Geschichte geschrieben wurde?! Aber auch unabhängig zum Symbolwert dieses Gerätes: diese komplizierte Mechanik finde ich ganz schön spannend. Nichts Elektronisches, keine Mikrochips, alles ohne Steckdose oder Akku – die hatten damals schon was drauf. Ich versuche mir gerade mal vorzustellen, die Mitglieder der „Weißen Rose“ hätten die gleichen technischen Möglichkeiten, wie wir sie heute haben. Toll! Man kann doch heute ohne großen Aufwand – und auch ohne aufzufallen – Texte verfassen und verbreiten. Und das weltweit – „www.“ eben. Das wäre doch Widerstand im ganz großen Stil. Aber wenn ich diese Überlegungen weiter durchspinne: Zwar ist es heute einfach, sehr viele Menschen über die modernen Medien zu erreichen – aber erreicht man die Menschen dann auch wirklich? Bei einer Flut von Informationen und auch aufdringlicher Werbung landet doch das Allermeiste im Mülleimer, im realen oder auch elektronischen. Dass ich jetzt anfange, über die Gefahren der sogenannten modernen Medien nachzudenken! Ich, der Technik-Freak, der immer auf dem neusten Stand sein muss!

Aber: Ob damals oder heute, das Medium ist immer nur Mittel zum Zweck. So wie die alte Druckmaschine in ihrer Bedeutung ganz klar positiv besetzt ist, so gilt wohl das genaue Gegenteil etwa für den sogenannten Volksempfänger, dem Propagandasprachrohr der Diktatur.

Also kann man nur sagen: der Weg, auf dem Nachrichten, Meinungen und Inhalte verbreitet werden, ist weder gut noch schlecht. Es ist wichtig, was gesagt wird und wie ich mit diesen Informationen umgehe.

Ich glaube, ich werde mir das Bild vom Hektographen der „Weißen Rose“ als Hintergrundmotiv für meinen Desktop installieren. Hans und Sophie Scholl und ihre Freunde sind mutig gegen das Unrecht vorgegangen und mussten dafür sogar ihr Leben lassen.

Recht und Unrecht
Sinnvolles und Unsinn
Wichtiges und Überflüssiges

Bereicherndes und einfach nur Unterhaltendes…

Das Bild der alten Druckmaschine soll mein Mahnzeichen werden.

(Im Buch erstmals auf Seite 93: "Roto Hektograph. Zwick und Söhne. Augsburg. Jetzt dämmerte es bei allen!")

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